PAGODE, 2007

Pumpenhaus, Holz, Stahl, Ziegel

Beitrag zum Bildhauersymposion Heidenheim “Werk 2007”

Am Hang des Heidenheimer Schlossbergs steht ein etwas rätselhaftes, fensterloses Fachwerkhäuschen, das an eine Gartenlaube oder eine Jagdhütte denken lässt. Dabei handelt es sich um ein Pumpenhaus, welches 1913 über einem in den Berg hinein gebauten Wasserspeicher errichtet wurde. Es ist also ein technischer Zweckbau, der seine Funktion hinter einer Illusionsarchitektur verbirgt. Die Fachwerkkonstruktion des Gebäudes wurde exakt kopiert und samt Dach auf das Pumpenhaus gesetzt. Das gesamte Gebäude erscheint auf absurd tautologische Weise gedoppelt. Neben den so entstandenen formalen Bezügen von Urbild zu Abbild, von positivem und negativem Volumen eröffnen sich darüber hinaus ganz neue Deutungsmöglichkeiten und Assoziationsfelder: Original und aufgesetzte Kopie ergänzen sich zum Architekturtypus der „Pagode“. Die Pagode, ein turmartiger Bau aus den buddhistischen Tempelanlagen, hat nun ihrerseits in Europa eine lange Tradition als exotisches Architekturzitat: Der englische Landschaftsgarten entwirft seit der Mitte des 18. Jahrhunderts mittels antiker, orientalischer und asiatischer Scheinarchitekturen den Park als ein begehbares ideales Weltbild. Die Pagode in Heidenheim macht also nicht nur die skulpturalen Qualitäten der vorhandenen Architektur wahrnehmbar und reflektierbar. Sie öffnet gleichzeitig ein architekturgeschichtliches Bezugsfeld, das vom europäischen Landschaftsgarten bis hin zur historisierenden Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts reicht.

aus: René Hirner, „Von der Raumintervention zur Architekturskulptur. Ralf Werners Pagode“, Katalog zum Bildhauersymposion Heidenheim Werk 07